1
When spring came, so did war again
and we made a point of keeping the sun
at our backs, just as we had
learned. On the terraces of all the teahouses
on the boulevards of Kabul, we always selected
the same seats (those with the sun
at our backs), so that for all the girls, who
in those days still came to the teahouse daily,
only the seats in the sun remained.
While the girls had to squint
against the sun just to see us,
we could face the girls without
squinting. And while they’d soon fully
close their eyes on account of the sun
(so that in their eyes we no longer
existed) when one of us saw the girls in
in this way (wide-eyed)…then there was nothing
that was more there (nothing that was
there anymore?) than they…Their skin was so bright
one saw the marrow in their bones… A
cloth on their hair was better than the world.
2
For them to die was the very least. At least
as good as it was to sit there,
the sun behind us, while looking out
at all the girls… How they sat there, the sun
on their faces, their eyes (black-rimmed)
closed, I couldn’t help but think - still
I do - of grapes… Not of
corals, pearls, and rubies, rather
grapes, white wine grapes with flesh so
very very bright… But in reality,
clear enough, it was not grapes (nor
corals, pearls, and rubies) that we saw,
rather only: girls - girls with very,
very white eyelids, girls, white from
the sunlight they sat in, warm from the
sun, eyes closed… those were the white,
crystal-clear grapes. Everything, from heaven
down to the ground, was suffused with their fragrance.
3
For us it could have gone on
(teahouse terrace, sun, girls in the
sun) for all eternity, but: so it did
not, not here with us, here in Kabul,
much less so here, for us, in Kabul, when
spring came around…when spring came,
so did war again, and at war one didn’t
see the girls, one could not but
die for them — that was (we who
once sat there knew) the war:
we died for girls who did not exist
at all… There was only the teahouse and,
in the sun there, the girls. We saw
their faces, bright and: unspeakably clear… What
mirrored within them, brightened the world.
Translated into English by Greg Nissan.
1
Wenn der Frühling kam, war wieder Krieg,
und wir achteten darauf, dass wir die Sonne,
wie wir es gelernt hatten, immer im Rücken
hatten. Auf den Terrassen all der Teehäuser
auf den Kabuler Boulevards besetzten wir
immer dieselben Plätze (die mit dem Rücken
zur Sonne), so dass für all die Mädchen, die,
damals noch, täglich ins Teehaus kamen, nur
noch die anderen, die in der Sonne, blieben.
Während die Mädchen somit, um uns sehen
zu können, gegen das Licht blinzeln mussten,
konnten wir die Mädchen ansehen, ohne zu
blinzeln. Und während sie die Augen, wegen
der Sonne, bald ganz geschlossen hielten (so
dass es uns, in ihren Augen, eigentlich nicht
mehr gab), gab es für unsereins, wenn er auf
diese Weise (großäugig) ein Mädchen ansah,
nichts, was mehr da war (nichts mehr, was da
war?) als sie … Ihre Haut war so hell, dass
man das Mark in ihren Knochen sah … Ein
Tuch auf ihrem Haar war besser als die Welt.
2
Für sie zu sterben war das Mindeste. Doch
mindestens genauso gut war es, hier so, die
Sonne hinter uns, zu sitzen, und die Mädchen
anzusehen … Wie sie so dasaßen, die Sonne
im Gesicht, die Augen (schwarz umrandet)
zu, musste ich jedes Mal wieder – das weiß
ich noch – an Weintrauben denken … Nicht
an Korallen, PerlenundRubine, sondern an
Trauben, Weißweintrauben, solche mit sehr,
sehr hellem Fleisch … Aber in Wirklichkeit,
schon klar, waren es keine Trauben (oder
Korallen, PerlenundRubine), die wir sahen,
sondern nur: Mädchen – Mädchen mit sehr,
sehr weißen Lidern, Mädchen, weiß von dem
Sonnenlicht, in dem sie saßen, warm von der
Sonne, und die Augen zu … Es waren weiße,
kristallklareTrauben. Alles, vom Himmel
bis zum Boden, war von ihrem Duft erfüllt.
3
Von uns aus hätte es bis in alle Ewigkeit so
(Teehaus-Terrasse, Sonne, Mädchen in der
Sonne) weitergehen können, aber: so ging es
eben nicht, nicht hier bei uns, hier in Kabul,
schon gar nicht hier, bei uns, in Kabul, wenn
der Frühling kam … Wenn der Frühling kam,
war wieder Krieg, und im Krieg sah man
keine Mädchen, konnte das nicht, wie auch,
sondern starb für sie – das war (das wussten
wir, die wir damals dort saßen, auch) der
Krieg: Wir starben für Mädchen, die es gar
nicht gab … Es gab ja nur das Teehaus und,
in der Sonne dort, die Mädchen. Wir sahen
die Gesichter, hell und: unsagbar klar … Was
sich in ihnen spiegelte, erleuchtete die Welt.